Tim Freitag
Tim Freitag bespielen jedoch vor allem Herbstliches; verwelkende Beziehungen, gebrochene Herzen,
dunkle Wolken am Horizont.
Wer von den Zürchern deswegen düsteren Vollbart-Folk erwartet, wird eines Lauteren belehrt: wenn Songs wie «Another Heart Has Lost Its Place», «Bruises» oder «Hold On» ruhig beginnen, dann nur, um dem späteren Saiten Donnern mehr Anlauf zu lassen. «Baby I’ll Go» hingegen hält sich nicht lange mit einem Vorspiel auf, sondern geht gleich über zu hüftbeschwingter Action, zu tanzbarer Gitarrenmusik, die ihre 60s-Wurzeln nicht verleugnet und modernem Indie-Rock die Hand reicht.
Das gilt für die meisten Tracks des Männer-Quintetts, welches Gig für Gig das hinbekommt, was vielen Schweizer Bands selten bis nie gelingt: ein fremdes Publikum trotz unbekannter Songs über die volle Showlänge unterhalten und begeistern zu können. Das liegt einerseits am charismatischen und mitunter exzentrischen Frontmann Janick Pfenninger, andererseits an der beeindru- ckenden Menge Schweiss, die Tim Freitag auf der Bühne vergiessen. Das zeugt von Ehrlichkeit und Spielfreude, wirkt wie ein hochpotentes Aphrodisiakum und spült schlechte Laune und falsche Hemmungen gleich zu Beginn aus dem Club – oder vom Festivalgelände. Mehr als 100 Konzerte gehen bereits aufs Live-Konto des Fünfers, darunter Gigs in Szene-Magneten wie dem Gonzo oder der Roten Fabrik, prestigeträchtigen Locations wie dem Kaufleuten, aber auch auf den grossen Bühnen wie am Blue Balls Festival, Zermatt Unplugged, Gurtenfestival, Stars in Town oder Moon & Stars. Auch wenn die Musik einen Hauch Herbst in sich trägt, so passt Tim Freitags Pop’n’Roll problemlos zu den anderen drei Jahreszeiten und eignet sich nicht nur als Soundtrack für den namensgebenden Freitag, sondern kann, ach, sollte die ganze Woche durch bei voller Lautstärke gespielt werden. Und das wird sie auch: Die insgesamt über 500‘000 Plays auf Spotify kamen schliess- lich nicht nur an einem Wochentag zusammen.
— Schimun Krausz, RCKSTR Magazine